Disposition
I. Hauptwerk Principal 8‘ Rohrflöte 8‘ Salicional * 8‘ Octave 4‘ Hohlflöte 4‘ Quinte ** 2 2/3’ Sesquialter II 2 2/3’ Superoctave 2‘ Quinte ** 1 1/3‘ Mixtur IV-V 1 1/3‘ |
II. Nebenwerk Gedeckt 8‘ Salicional 8‘ Hohlflöte * 4‘ Fugara 4‘ Sesquialter II * 2 2/3’ Superoctave * 2‘ Flageolet 2‘ Oboe 8‘ |
Pedal Subbass 16‘ Octavbass 8‘ Bassflöte *** 8‘ Bassoctave *** 4‘ Fagottbass 16‘ * Wechselschleife |
Koppeln II – I I – P II – P SUB II – I SUPER II-P |
Tremulant |
Trakturen Mechanische Tontraktur Mechanische Registersteuerung |
Winddruck Manualwerke 72 mm Ws Pedalwerk 90 mm Ws |
Tonumfang Manual C – g’’’ Pedal C – f’ |
Stimmung Billeter 440 Hz/16° |
Sachberatung Gerhard Siegl Thomas Löffelmann |
Vorsicht! Orgelspiel kann süchtig machen.
Eine „schwerwiegende“ Erfahrung sei gleich am Anfang erwähnt: Die neue Winterhalter-Orgel in Oberisling birgt großes Suchtpotential. Allerdings müssen hier keinerlei negative Auswirkungen auf die Gesundheit befürchtet werden. Im Gegenteil: Berauscht vom Orgelklang und einer exzellenten Spieltechnik, kann man einfach nicht mehr aufhören zu spielen und zu hören.
Der Süden Regensburgs wird von einer der europäischen Verkehrsachsen, der Autobahn A3, durchschnitten. Hier fährt man direkt an jenem imposanten Kreuz des Papstfeldes vorbei, das an den zweiten Pastoralbesuch von Papst Benedikt XVI in seiner Regensburger Heimat im Jahre 2006 erinnert. Gut 1000 Meter Luftlinie weiter südwestlich befindet sich der Regensburger Ortsteil Oberisling mit seiner in den 1980iger-Jahren erbauten St.-Benedikt-Kirche. Der Sakralraum besticht durch eine üppige künstlerische Ausstattung. Besonders die farbenreich gestalteten Fenster von Manfred Dinnes setzen starke Akzente. Allerdings hat man damals den Einbau einer neuen Orgel aus Kostengründen auf später verschoben. Eine gebrauchte Orgel musste 30 Jahre hindurch genügen. Dann erst war die Zeit reif für einen Neubau. Dieser wurde sicher auch dadurch beflügelt, dass das Bistum Regensburg die Zuschüsse von ursprünglich 10% (gedeckelt auf 15.000 EUR je Orgel-Projekt) nun auf 45% der Bausumme drastisch erhöhte. Das dürfte wohl einmalig sein im deutschsprachigen Raum!
Die Auftragsvergabe an Claudius Winterhalter war ein Glücksfall
Was zeichnet eine hervorragende Orgel aus? Gewiss sind der ausbalancierte Klang und die gekonnte Intonation im Zusammenwirken mit der Raumakustik von herausragender Bedeutung. Gleichberechtigt steht dem die gelungene konzeptionelle und spieltechnische Umsetzung unter Verwendung hochwertiger Materialien gegenüber. Ferner muss der Orgelprospekt und der Orgelkorpus die räumlichen, architektonischen und künstlerischen Vorgaben aufnehmen und in der Formensprache unserer Zeit schlüssig widerspiegeln. Die Oberislinger Winterhalter-Orgel erfüllt diese Parameter exemplarisch.
Betritt man die Kirche und lenkt den Blick in Richtung Empore, so nimmt man den vertikalen Aufbau des Rückraums, als komplette Einheit wahr. Unten der gläserne Windfang, darüber die „geöffnete“ Brüstung, dann die neue Orgel mit ihren hängenden Glas-Schalldächern und das große, kunstvoll gestaltete Buntglasfenster verleihen dem Ensemble Leichtigkeit und Eleganz. Ein künstlerisch gefasster, dezent in Weiß-Grau strukturierter Orgelkorpus unterstreicht die Silhouette der diatonischen Pfeifenreihen. Alles wirkt wie aus einem Guss.
Spielt man dann die ersten Töne des Manual-Achtfuss-Prinzipals, so wird man von einem aparten, fülligen und warmen Klang ergriffen. In allen Lagen erweist sich diese Stimme als angenehm präsent und ausbalanciert. Durch das Hinzuziehen von Octave, Quinte, Superocatve und Mixtur wird ein glanzvolles Plenum kreiert, das den Raum mit Gravität erfüllt. Sämtliche Register überzeugen durch individuellen Charakter und Charme. Das Mischen der Stimmen ist problemlos möglich und eröffnet zauberhafte Klangwelten.
Hier wird Intonations-Kunst vom Allerfeinsten erlebbar!
Größtes Lob gebührt auch der exzellenten Spieltraktur, die sowohl sensibles Tastenspiel in allen Phrasierungs-Nuancen als auch vollgriffiges Spiel zulässt; ebenso sind die Klaviaturen gekoppelt angenehm zu „traktieren“. Mit zwei innfaltigen Bälgen ausgestattet, atmet die Orgel förmlich mit. Dem vielstimmigen Staccato-Akkord-Spiel mit allen gezogenen Achtfuss-Stimmen in den tiefen Lagen hält der Wind bestens stand.
Der äußerst positive Gesamteindruck wird beim Betrachten des Orgel-Inneren noch weiter verstärkt. Die Werkaufteilung ist klar und äußerst wartungsfreundlich angelegt. Hier wurde hochwertiges Material präzise und exzellent verarbeitet.
Wert, Wertigkeit und Wertschätzung.
Dass man eine solche herausragende Leistung nicht zum Dumpingpreis haben kann, sollte sich von selbst verstehen. Hier wurde von hochspezialisierten Orgelbau-Könnern ein absolut raumbezogenes, individuelles Instrument entwickelt und realisiert. Ein einmaliges Kunstwerk von herausragendem Wert ist entstanden. Doch reicht die allgemeine Anerkennung einer solchen Leistung in unsrer Zeit? Müssen wir solcher Arbeit nicht mit größter Wertschätzung begegnen? Leider vermittelt uns eine konsumgelenkte, von Schnäppchendenken und Billig-Werbung umklammerte Gesellschaft heute oft nur Pseudo-Werte. Doch es gibt noch echte Werte, und die haben ihren Preis. Gerne wird dabei vergessen, dass hinter einer Dienstleistung Menschen stehen, die auf einen gerechten und fairen Lohn angewiesen sind. Und es geht um die Nachhaltigkeit handwerklicher und künstlerischer Arbeit, deren höhere Anfangskosten sich später deutlich relativieren. Wo ein solches Orgelwerk schon in wenigen Jahrzehnten als hervorragende Investition begriffen wird.
Deshalb danke ich ausdrücklich allen Verantwortlichen, die sich mit Mut und Weitblick immer wieder an Orgelprojekte wagen, mit größtem Engagement umsetzen und dabei äußerst verantwortungsvoll agieren. Ich beglückwünsche alle Beteiligten des Orgelprojekts Oberisling zu diesem fantastischen Instrument.